Dual Career – Karriere mal zwei?
Kürzlich hat der Deutsche Hochschulverband ein Best-Practice-Papier zu Dual Career verfasst, das den Universitäten ans Herz legt, beim Kampf um gefragte Wissenschaftler einen zusätzlichen Trumpf aus dem Ärmel zu ziehen – ein Stellenangebot auch für den Lebenspartner des angeheuerten Wissenschaftlers an der Universität selbst oder in der Region. Doch nicht nur für bereits etablierte und anerkannte, so genannte „Spitzenwissenschaftler“ ist es wichtig, die Bedingungen zur Vereinbarkeit von (universitärem) Beruf und Familie in Deutschland zu verbessern.
Ich kenne einige junge Paare, für die die Entscheidung „Zwei-mal-Wissenschaft“ gleichbedeutend ist mit getrennten Wohnungen, der Deutschen Bahn als ständigem Arbeitsplatz und schlechten Bedingungen für eine Familiengründung bzw. Zukunftsplanung. Dazu kommen niedrige universitäre Löhne und das Leben mit projektbedingten Zeitverträgen, die häufige Umzüge europaweit zur Gewohnheit werden lassen. Die deutschen Universitäten bieten ihrem gut und teuer ausgebildeten Nachwuchs eine schlechte Heimat.
Unter diesen Gesichtspunkten ist das Papier des DHV durchaus zu begrüssen – ob allerdings die Universitäten darauf reagieren und die Praxis der Theorie folgt, bleibt abzuwarten. Auch in der Schweiz ist man erst bei den Forderungen, noch nicht bei der Umsetzung angekommen. Wahrscheinlich wird es – wie auch in den Bemühungen um Gleichstellung – ein langer Prozess werden, der überschattet ist von Bürokratie und unnötigen Verwaltungsstellen. Dennoch: ein Anfang ist getan und das Problem – wenn auch aus meiner Sicht unglücklich – benannt. „Dual career“ klingt nach Karriere mal zwei, nach Elitenförderung und Bonusbehandlung. Dies geht jedoch am eigentlichen Problem vorbei. Das Ziel sollte nicht der Versuch sein, eine kleine Einheit von gut verdienenden (Ehe-)Paaren zu züchten, sondern annehmbare und ansprechende Arbeitsbedingungen für eine breite, gut ausgebildete Menge von jungen Wissenschaftlern bereitzustellen, um Deutschlands Universitäten als Wissenschaftsstandorte wieder attraktiv zu machen. Das Potenzial dazu ist vorhanden.
Tags: Best-Practice-Papier, DHV, Dual Career, Vereinbarkeit von Beruf und Familie
6. Oktober 2010 um 21:48
Sehr guter Beitrag, zumal deine Erfahrungen mir sehr gut bekannt sind. Auch wir hatten bis vor kurzem 2 Wohnungen, der finanzielle Mehraufwand war hierbei das kleinere Problem.
6. Juli 2011 um 22:21
Die permanente Trennung in 2 Haushalte ist mit Sicherheit keiner Beziehung auf die Dauer zuträglich, unabhängig vom akademischen Grad. Ziel muß sein, wohnortnahe Arbeitsplätze zu schaffen einschließlich der Kinderbetreuung