Berge, Käse, höhere Löhne: Warum Schweiz?

Seit Anfang des Jahres bin ich als Forschungsassistentin an der Universität Fribourg in einem Projekt zur Frühkindlichen Bildung in der Schweiz beschäftigt. Mein geisteswissenschaftliches Magisterstudium und meine Promotion habe ich an einer deutschen Universität gemacht. Warum bin ich in die Schweiz gekommen? Natürlich gibt es viele Gründe für die Schweiz: die Berge, der Käse und die „Schoggi“ sowie das gut funktionierende Bahnnetz, aber auch höhere Löhne und interessante Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler. Das alles waren aber nicht meine Gründe.

Schon meine Dissertationszeit musste ich mir mit mehreren Nebenjobs, die teilweise wenig mit dem Wissenschaftsbetrieb zu tun hatten verdienen. Mein Prof. ermutigte mich zwar zu promovieren, aber aus dem geplanten DFG Projekt wurde nichts und so musste ich – wollte ich promovieren – das Ganze eben alleine stemmen. Bereut habe ich das nie und ich war so wenigstens gezwungen, schnell zu einem Abschluss der Arbeit zu kommen – mit 28 Jahren hatte ich dann den Dr. in der Tasche, aber leider keine Anstellung. An meinem Institut bot man mir eine Arbeit für drei Monate an „Das wäre doch etwas Schönes für Sie, etwas anderes haben wir leider im Moment nicht!“. Eine Demütigung– und etwas anderes war auch nach zahlreichen Bewerbungen nicht in Aussicht. Noch heute, ein Jahr später, bekomme ich Bewerbungsunterlagen zurückgeschickt. Was hatte man falsch gemacht: zügig studiert, Auslandsaufenthalt und Zusatzqualifikationen, Praktika und ehrenamtliches hochschulpolitisches Engagement? Gut, nun kann man einwenden: das ist ein Einzelfall – das kann passieren. Leider kenne ich zu viele hervorragend promovierte Nachwuchswissenschaftler in Deutschland, die von Hartz 4 leben und in Callcentern arbeiten – und das wo Deutschland doch händeringend qualifiziertes „Humankapital“ sucht.

Eine erste Bewerbung im Ausland brachte sofort Erfolg und so kam ich in die Schweiz. Die Unterstützung, die ich hier auf fachlicher und persönlicher Ebene erfahre ist im Vergleich zu Deutschland enorm und so oft ich in der Vergangenheit an meiner Entscheidung zu promovieren gezweifelt habe…hier werde ich jeden Tag bestätigt, dass es für mich genau die Richtige war.

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8 Kommentare zu “Berge, Käse, höhere Löhne: Warum Schweiz?”

  1. REDAKTION meint:

    Stichwort „Einzelfall“: Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Problematik, als qualifizierte/r Wissenschafter/in eine gute Anstellung zu finden? Wie sind Ihre Erfahrungen mit Bewerbungen im Ausland? Ist die Problematik, die Frau Reinwand erwähnt, tatsächlich ein Einzelfall oder ein von Ihnen ebenfalls nachvollzogenes Phänomen?

  2. Regula Schmid meint:

    Ja, ja, das gelobte Land Schweiz… Die Klagen über mangelnden Respekt der Etablierten vor der (eigenen) akademischen Leistung, über die Missachtung der im eigenen Haus produzierten wissenschaftlichen Leistungen sind auch hierzulande zu hören. Und in der Schweiz kommt dann noch die Klage über die massive Konkurrenz aus Deutschland und die deutschen Netzwerke im Schweizer Wissenschaftssystem (Universitäten und Projekte) hinzu. Es gibt (natürlich auch hier hervorragend) Dissertierte aus der Schweiz, die erfolglos nach Arbeit in der Akademe suchen und in der Schweiz nichts finden und in Deutschland schon gar nicht – da ist im übrigen der Anteil an Ausländerinen und Ausländern in den humanwissenschaftlichen Fakultäten verschwindend klein.
    Dass eine Dissertierte nach ihrer Diss keine Arbeit findet – und schon gar nicht im „eigenen“ Institut – ist sicher kein Einzelfall. Dass es für jemanden gut ausgeht und zumindest für die befristete Zeit des Projekts die Arbeit im Forschungsbereich weitergeführt werden kann, auch nicht. Ich wünsche jedenfalls allen, die ins Ausland ziehen, gutes Gelingen und Zufriedenheit mit der Situation auch nach der ersten Verliebtheit in die neue Umgebung und nach dem nach ca. einem Jahr einsetzenden Kulturschock…

  3. Daniel D. meint:

    Ich habe in meinem Freundeskreis auch schon oft die Erfahrung gemacht, dass die Schweiz viel mehr Stellen bietet und dass man sehr rasch/fast zu rasch einen Job an einem Institut findet. Da stellt sich halt die Frage was einem wichtiger ist. Hierbleiben und weiter hoffen und bangen, dass man einen Job bekommt oder umziehen in ein Land, das zwar Deutsch spricht, aber doch wieder ganz anders tickt.

  4. Vanessa-Isabelle Reinwand meint:

    Lieber Daniel, naja, soviel anders tickt die Schweiz nun auch nicht – auf den ersten Blick sind sie ganz anders, aber auf den zweiten uns Deutschen sehr ähnlich. Wenn man am Anfang einfach ein paar Dinge beachet (nicht so schnell und laut reden, höflich und eher bescheiden auftreten und NICHT versuchen, Schwyzerdütsch zu reden), dann hat man schnell ihr Herz gewonnen und an die anderen Unterschiede gewöhnt man sich dann auch schnell. Ich kann nur zur Schweiz ermutigen!

  5. Janik meint:

    Wiedermal ein beweis dafür das es geht. Habe mich selbst schon oft gefragt ob ich nicht doch in die Schweiz auswandere und neige immer mehr dazu diese Frage mit einen klaren Ja zu beantworten.

  6. Adrien meint:

    Es lebe die EU und all die damit geschaffenen Probleme. Ich habe auch im Ausland (Irland & Grossbritanien) gearbeitet, geforscht und war echt froh wieder in die Schweiz zurückzukehren. Obwohl mir Irland gut gefallen hat auf humaner Ebene, musste ich aber leider feststellen, dass qualitatif dort noch viel gemacht / gelernt werden muss. Es sind qualitatif underschiedliche welten zw. EU lander und der Schweiz, was ich vor allem in der Forschung feststellen musste. Dazu kommt noch, dass vernöstliche Forscher vermehrt in den EU insitutionen anzutreffen sind, die generell noch den standard senken. Wir schweizer sind von natur aus ein eher zurückhaltendes und bescheidenes volk. Personen von vorlauter, besserwisserischen natur, beeinflussen die schweizer leicht. Dies ist eine regelmässige beobachtung an akademischen institution, wo professoren ihre kandidatur durch grosse sprüche gewinnen. Es ist leider heute trend, dass man forscher aus den usa und anderen ländern bevorzugt, weill sie möglicherweise, gewisse andere erfahrung mitbringen. Leider stellt sich meistens dass gegeteil fest und das schon nach geringer zeit. Auslandische forscher haben wegen ihres generel, jüngerem alter einen vorteil, akademische kariere zu machen, da ihr schulsystem es ihnen erlaubt im idealfall schon mit 23-25 jahren ein PhD. zu erlangen. Den gleichen akademischen stand ist in der regel in der CH erst nach 30 jahren erreicht (männer, armeedienst), was zu folge hat, dass in der regel die jüngeren, ausländischen forscher in der selektion für akademische positionen, verdrängen.
    Dieser starke influx von EU bürger in die CH, und die damit zwangshalber verbundene konkurrenz auf dem CH arbeitsmarkt macht sich heute durch rasistisches, unfreundliches verhalten der CH bürger bermerkbar. Nicht selten klagen, deutsche, franzosen und andere über das verhalten der CH.
    Ich kann euch nur vergewissern, als ich in GB wars für mich nicht anders, und ich glaube wenn der arbeitsmarkt in deutschland oder anderen EU ländern das gleiche bieten könnte wie hier in der CH, dann denke ich dass ihr mit einem influx anderen staaten auch nicht begeistert wärt. Es mag sein das wir anders ticken, aber bei genauem studieren des uhrwerks, wird man bald verstehen, warum gewisse sachen hier anders sind als bei euch. Schliesslich habt ihr es auch selber bemerkt, dass die CH bald als letzte zuflucht, für den schrumpfenden arbeitsmarkt der EU dient.

  7. schweizer käse meint:

    Die Schweiz hat halt schon ihre guten aber auch schlechten Seiten. Gut ist der Käse, die Berge, die Leute. Eher nicht so gut: trotz kleinem Land alles sehr träge, hohe Bussen im Strassenverkehr… Insgesamt kann ich’s empfehlen.

  8. wordpress premium themes meint:

    Dass eine Dissertierte nach ihrer Diss keine Arbeit findet – und schon gar nicht im “eigenen” Institut – ist sicher kein Einzelfall. Dass es für jemanden gut ausgeht und zumindest für die befristete Zeit des Projekts die Arbeit im Forschungsbereich weitergeführt werden kann, auch nicht. Ich wünsche jedenfalls allen, die ins Ausland ziehen, gutes Gelingen und Zufriedenheit mit der Situation auch nach der ersten Verliebtheit in die neue Umgebung und nach dem nach ca. einem Jahr einsetzenden Kulturschock…

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