Nicht Fisch noch Fleisch

Immer noch bekomme ich in außeruniversitären Kontexten auf meine Auskunft, ich sei Juniorprofessorin die verwunderte Frage gestellt: „Ah, Juniorprofessorin – was ist das denn?“
Die Juniorprofessur hat seit ihren Anfängen im Jahr 2002, befördert vom BMBF, immer wieder Hochs und Tiefs durchstanden. Zunächst als ein Förderinstrument zur Selbstständigkeit des wissenschaftlichen Nachwuchses kritisch beäugt und durchaus mit Akzeptanzproblemen an deutschen Universitäten verbunden, hat die W1-Stelle mittlerweile einen nicht mehr grundsätzlich verhandelbaren Status erreicht. Das Modell „Junior“ ist weitestgehend anerkannt und akzeptiert und selbst die meisten „Junioren“ würden sich wieder für diesen Weg entscheiden, wie das CHE in einer Umfrage unter dieser Gruppe 2007 feststellt.
Dies ändert nichts an der Tatsache, dass die junge Geschichte der kürzeren und praxisnäheren Qualifizierungsphase von Hochschullehrern nicht so verlaufen ist wie geplant: mehr als die existierenden 800 Stellen (Stand 2007) sollten in den ersten Jahren geschaffen werden und die meisten Juniorprofessoren verfügen nicht über einen Tenure-Track, d.h. es ist unsicher, ob die Karriere nach den positiv evaluierten sechs Beschäftigungsjahren auf einer W2-Stelle weitergeführt werden kann. Wissenschaftskarrieren sind daher in Deutschland und im internationalen Vergleich immer noch hochgradig unplanbar. Auch die Habilitation, eigentlich durch die Juniorprofessur zu ersetzen, gilt nach wie vor in einigen Fachrichtungen als entscheidender Karriere-Erfolgsfaktor zusätzlich zur absolvierten Juniorlaufbahn (s. auch Habilitation oder Juniorprofessur – das ist hier die Frage). Die Gender-Ziele lassen sich jedoch positiv bestätigen: der Anteil an weiblichen Juniorprofessoren befindet sich im Vergleich deutlich über demjenigen der Vollprofessuren (CHE, 2007).
Die nächste Frage, die mir nach einer erfolgreichen Begriffsklärung dann immer gestellt wird lautet: „Und – wie fühlt man sich so als Juniorprofessorin?“
Naja, man fühlt sich nicht Fisch noch Fleisch. Irgendwie hängt man im universitären Alltag zwischen den Stühlen – nicht mehr wissenschaftlicher Mitarbeiter oder Doktorand, ab auch noch kein „richtiger“ Prof.. Das Arbeitspensum ist kleiner als das eines Vollprofs, aber irgendwie muss doch alles wie ein Großer gemacht werden. Der oder die Juniorprofessor/in hat viel Verantwortung und irgendwie zeigt einem niemand wie professorale Forschung und Lehre geht, und doch wird alles nicht ganz so ernst genommen und meist wird einem ein gewisser Schonraum noch zugestanden. Allerdings schwebt immer das Damoklesschwert der (Zwischen)-Evaluation über dem/der Nachwuchswissenschaftler/in und die bange Ungewissheit, ob es eines Tages erlaubt sein wird, das „Junior-“ zu streichen, tragen die meisten Junprofs wohl jeden Tag mit sich.

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4 Kommentare zu “Nicht Fisch noch Fleisch”

  1. Jan meint:

    Tja, das Spektrum ist gross bei den Juniorprofessuren. In meinem Fach (Informatik) ist es meiner Erfahrung nach oft so, dass W1-Professoren praktisch als volle Professoren angesehen werden. Das heisst: volle Integration in die akademische Selbstverwaltung, hohe Lehrbelastung usw. Aber eben auch ein hohes Mass an Selbststaendigkeit und eigenen Gestaltungsfreiraeumen. Juniorprofessoren/innen werden offiziell oft sogar (etwa auf der Abteilungswebseite) einfach als „Prof.“ vorgestellt, der W1-Status spielt also nach aussen hin gar keine Rolle. Nur in einigen Faellen wird das umstaendliche Jun.-Prof. oder JP explizit verwendet. Ob das nun gut ist oder schlecht, darueber kann man natuerlich streiten – immerhin wird hier volle Leistung und Verantwortung mit einem Mickergehalt verguetet. Noch dazu kommt, dass Tenure-Track praktisch unueblich ist. Selbst bei guter Fuehrung erwartet einen nach spaetestens sechs Jahren also die Strasse. Keine rosigen Aussichten!

    Soweit ich das mitbekommen habe, ist das in anderen Faechern wohl anders – hier ist die Juniorprofessur in der Tat u.U. eher ein besserer PostDoc. Das uebelste Beispiel war eine Juristin, die am Rande einer Veranstaltung von ihrem „Betreuungsprofessor“ als Juniorprofessorin buchstaeblich zum Kaffeeholen geschickt wurde. Aua!

  2. turbobayer meint:

    Unter den in Deutschland in den Geisteswissenschaften üblichen Bedingungen ist die Juniorprofessur nicht wirklich ein Gewinn, weil die hohe zeitliche Belastung mit Verwaltung und Lehre die Arbeit am „second book“ sehr behindert und damit die Perspektiven für die Zeit nach den 6 Jahren „Professorenstand“ nicht gerade rosig gestaltet. Im Grunde wieder einmal einer der vielen Versuche der Bildungspolitik, mit wenig Bezahlung viel Arbeitsleistung zu bekommen, nur damit keine neuen Stellen geschaffen werden müssen und Geld gespart werden kann. Die „Ehre“ des Prof-Titels kostet nichts, ebenso die „Ehre“ des „Privatdozenten-Titels“, wobei hier Vater Staat das große Los gezogen hat: Privatdozenten ohne Uni-Stelle müssen zur Aufrechterhaltung ihrer venia sogar kostenlos lehren und bei den personalintensiven Bacherlor-Studiengängen noch dazu dafür sorgen, daß das Pflichtangebot gewährleistet ist! Eigentlich ein Skandal!

  3. Bello meint:

    Aber was wird denn erwartet? Die Leitung eines Lehrstuhls ist in der Regel mit Managementfunktionen und Personalverantwortung verbunden. Soll das über eine „Laufbahn“ geregelt werden? Nach Noten? Ich glaube, da machen wir uns was vor.

    Sinnvoll und hilfreich wäre es m.E. jungen Wissenschaftlern nicht die Vision einer „Laufbahn“ zu suggerieren, die zwangsläufig zum Lehrstuhl führen muss (weil es das nicht geben kann). Vielmehr sollte die Hochschulpolitik Habilitieren, die schon lange an der Universität beschäftigt sind, genügend Stellen im Mittelbau bieten. Damit würde man jungen Wissenschaftlern zumindest eine realistische Perspektive und eine Sicherheit bieten können.

  4. KS meint:

    Ich stime dem Kommentar von Bello inhaltlich voll zu.

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