Habilitation oder Juniorprofessur – das ist hier die Frage

Heutige Wissenschaftler sind oft gestresste Wesen, die wissen, dass Work-Life-Balance wichtig gegen Kreativitätslöcher und Rückenschmerzen ist. Bei einer dieser sportlichen Ausgleichstätigkeiten nach einem Schreibtischtag treffe ich eine, mir bisher nur vom Sehen bekannte, junge Professorin meiner Universität. Da sie mir sehr jung erscheint für diesen – zumindest wissenschaftsfernen Menschen – Respekt einflößenden Titel, frage ich sie in dieser informellen Umgebung nach ihrem Alter und bin überrascht. „So jung und schon habilitiert?“, frage ich ungläubig bewundernd. Und sie antwortet: „Wieso habilitiert? Prof wird man auch ohne Habil.!“ Ach so?

Natürlich hat sie Recht: Neben gewissen Ehrendoktorwürden, noch nicht habilitierten Vertretungs-professuren, Titelkäufen (sogar in der Schweiz laut Spiegel Online beliebt) und ausländisch erworbenen Titeln gibt es ja noch die Juniorprofessur. Das Ganze klingt ziemlich gut. Der promovierte Nachwuchswissenschaftler wird als Juniorprof. an der Universität angestellt, hat (fast) dieselben Rechte und Pflichten wie ein richtiger Prof., aber natürlich nicht das gleiche Gehalt. Der Junior muss nach drei bis vier Jahren nachweisen bzw. es wird darüber befunden, ob er sich in Lehre und Forschung bewährt hat und das „junior“ ablegen darf. Manche (wenige) Unis bieten danach Langzeitstellen an.

Der Habilitand setzt sich dagegen über einige Jahre intensiv mit einem noch wenig erforschten Thema auseinander – wenn er Glück hat in einer angemessen bezahlten Stelle. Er /sie veröffentlicht danach im besten Fall ein – nach der Promotion – zweites wissenschaftliches Glanzstück (sprich dickes Buch) und mit ein bisschen Lehre nebenbei ist er/sie dann auch irgendwann (vielleicht) Prof. Ein Ziel – zwei Wege, aber welchen soll man nun wählen?
Wie so oft in der Wissenschaft gibt es auch hier keine einfache Pauschalantwort. Die Habilitation ist ein altes Fossil aus einer zu Ende gehenden Wissenschaftsepoche hat aber im deutschsprachigen Raum (und wohl nur da) noch eine sehr nachgefragte Reputation. Es gibt immer noch Stellen, vor allem in den Geisteswissenschaften, die man ohne Habil eher nicht bekommt.

Eine Juniorprofessur ist innovativ, aber nicht gerade unstreßig. Oft klagt die „Nachwuchselite“ über  extreme Arbeitsbelastung und wenig Hilfestellung, z.B. bei Führungsaufgaben – ein Sprung ins kalte Hochschulwasser. Dennoch macht die Juniorprofessur als Vorbereitung auf eine „richtige“ Professur Sinn: learning by doing. Eine Habil. ist dagegen im schlechtesten Fall eine mehrjährige Arbeit im stillen Kämmerlein, die nun wirklich ungenügend auf spätere Herausforderungen der modernen Wissenschaftswelt vorbereitet, auch wenn sie im Einzelfall wissenschaftliche Höchstleistungen hervorzubringen vermag.
Sicherlich kommt es aber sehr auf die individuellen und auch finanziellen Rahmenbedingungen an, welchen Weg der ambitionierte Jungwissenschaftler wählt…Habil. oder Juniorprofessur? – das ist hier die Frage!

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21 Kommentare zu “Habilitation oder Juniorprofessur – das ist hier die Frage”

  1. Robin meint:

    Sollte die Juniorprofessur nicht wieder abgeschafft werden?
    Irgendwie im Rahmen der Föderalismusreform usw.?

  2. Jack meint:

    Wenn der Nachwuchs wirklich „Elite“ ist, dann wird er nicht über eine Lehr“belastung“ von 4-6 SWS jammern, sondern sich begeistert der Herausforderung stellen. Außerdem sollte der Nachwuchs schon während der Promotion Lehrerfahrung gesammelt haben. „Doktor“ heißt übersetzt „Lehrer“. Durch die Habilitation wird die „Lehrbefähigung“ festgestellt. Professor heißt soviel wie „sich öffentlich als Lehrer zu erkennen geben“. Wenn das alles so ist oder zumindest so sein müsste, dann muss man sich fragen, warum der Nachwuchs zuweilen über Stellen in Max-Planck-Instituten u.ä. auch ohne viel Lehrerfahrung Karriere machen kann. Das Ergebnis ist täglich an unseren Unis zu besichtigen: Profs, die überwiegend durch Abwesenheit glänzen, wenn es um Aufgaben in der Lehre geht, die mitten im Semester in der Weltgeschichte umher jetten und die Lehre ständig weiterdelegieren, die weder für Doktoranden noch für Diplomanden erreichbar sind. Dadurch gerät das Gleichgewicht von Forschung und Lehre ins Wanken, nicht durch die Einführung von Juniordozenturen und Lehrprofessuren. Nur wer sich beidem widmet, Forschung und Lehre, sollte sich „Prof.“ nennen dürfen.

    Fazit: Egal, ob als wiss. Mitarbeiter, Emmy-Noether-Stipendiat oder Jun.-Prof., man sollte spätestens in dieser Phase Lehrerfahrung sammeln und die Lehre lieben lernen. Man wird auch viel Inspiration für die eigene Forschung zurückerhalten

  3. Cantatrix meint:

    Ich finde Juniorprofessuren prima. Allerdings sollten sie auch so funktionieren, dass der/die JuniorprofessorIn dann irgendwann auch tatsächlich ProfessorIn wird und nicht trotzdem die Habil schreiben muss, weil die Tätigkeit als Juniorprof. nirgends in D als gleichwertig anerkannt wird. Zusätzlich bin ich der Meinung, dass die alten Assistentenstellen (eine Stelle für sechs Jahre, 4 Std. Lehre, Gremientätigkeit) wieder eingeführt werden sollten, die ja vom Tätigkeitsfeld her zwischen dem Habilitieren im stillen Kämmerlein und der Juniorprofessur angesiedelt sind.

    Meinem Vorredner kann ich mich in soweit anschließen, dass sich viele Profs vor der Lehre drücken, was bedauerlich ist. Denn wo soll der Nachwuchs denn herkommen? (Das ist denen vermutlich egal.)
    Ich bin aber entschieden dagegen, dass WissMa in der Lehre verheizt werden, da niemand davon profitiert: weder der WissMa, dem viel Zeit für die Diss flöten geht, noch die Studierenden, die natürlich merken, dass der/die SeminarleiterIn noch nicht viel weiter ist, als sie selbst.
    Ich halte es für absolut notwendig, dass ein Lehrender (zumindestens bei Kernveranstaltungen) die Promotion abgeschlossen hat. Das ist vielleicht nicht unbedingt ein aussagekräftiges Kriterium, aber besser als gar nichts.
    Gerade in den BA-Studiengängen ist es unfair, wenn Pflichtveranstaltungen unterschiedlicher Qualität angeboten werden, da die Studierenden nicht mehr wechseln bzw. den Schein irgendwann anders machen dürfen.

  4. Nehls meint:

    @ Cantatrix
    Nach dem Doktortitel für Lehrende zu fragen ist ebenso unsinnig wie nach der Habil für Professoren(Innen)! Was soll das Dr. bringen? Erwirbt man das im ZWeifelsfall nicht genauso im Kämmerlein wie die Habil?
    Man wird auf Dauer nicht darum herumkommen, aussagekräftigere Eignungskriterien für Lehrende zu erstellen und diese dann vor allem regelmässig anzulegen, sprich zu evaluieren.
    Ich jedenfalls habe vor meiner Doktorarbeit genauso engagierte Lehre gemacht wie jetzt als Dr!

  5. Alalalixe meint:

    Völlig korrekt an diesem Beitrag ist, dass die Habil. ausserhalb Deutschlands nur noch als deutsches Kuriosum bekannt ist. Bestenfalls noch als Beleg dafür, dass deutsche Unis noch im 19. Jahrhundert stecken. Im Prinzip sollte die Juniorprofessur so eine Art tenure-track sein: man hat fünf Jahre Zeit, herausragende Leistungen in Forschung und Lehre zu erbringen, und wird dann fest auf eine Professor berufen–an der gleichen Uni! Der letzte Punkt ist entscheidend, wird aber in Deutschland gerne vergessen. Je nach Anspruch der Uni schafft jede/r vierte oder so diese Hürde nicht, aber immerhin gibt es eine Chance auf feste Anstellung.

    Und mal ganz ehrlich: 4-6 SWS Lehrpensum plus Forschung und Gremienarbeit sind nun wirklich nicht allzu hart. Andere Leute arbeiten in diesem Stadium ihrer Karriere auch 50-60 Stunden die Woche, ohne jemals Beamter werden zu können. Wer Uniprof werden will, sollte sich vielleicht weniger am Arbeitspensum eines Grundschullehrers messen, sondern sich mit den Kollegen in der industriellen Forschung vergleichen.

    Nehls: Klar, man kann auch ohne Dr. hervorragend unterrichten. Aber ich denke, nach fertiger Diss kennt man sich zumindest in einem umgrenzten Gebiet hervorragend aus, und das Wissen sollte weitervermittelt werden, oder?

  6. magellan meint:

    4-6 SWS eigenverantwortliche Lehre sowie Gremienarbeit sind per se auch nicht zuviel. Zum Problem wird’s erst dann, wenn

    a) die klassischen Habiltanden & Emmy-Noether-Stipendiaten etc. weniger oder gar keine Lehre machen müssen, dafür aber mehr Zeit zum Paper schreiben haben

    b) Paper bzw. Forschungsoutput aber in Berufungsverfahren ungleich stärker gewichtet werden als Lehrerfahrungen

    c) die weniger Lehrerfahrenen dann später auch tatsächlich schlechter in der Lehre sein sollten

    Ein anderer Aspekt ist natürlich auch die enorme Unsicherheit: Natürlich rödeln auch andere Anfang/Mitte 30 eine Menge, aber gegen die Aussicht, später verbeamtet zu werden (übrigens zu deutlich schlechteren Konditionen als noch vor ein paar Jahren) steht die Aussicht, nach Ende eines auslaufenden 6+6-jährigen Vertrages vor dem Nichts zu stehen — Berufseinsteiger mit ausschließlich hochspezialisierter Erfahrung mit Ende 30 werden am Arbeitsmarkt nicht gerade händeringend gesucht… 😉

  7. Tom meint:

    Ich denke, dass Forschung und Lehre ein wenig mehr getrennt werden sollte. Wenn ich mich an meine Studentenzeit zurueckerinnere, ist es fuer mich ein Leichtes meine Professoren in 3 Kategorien aufzuteilen. Da war die erste Kategorie, die ein hervorragendes Tafelbild und ausgezeichnetes didaktisches Talent hatte, sie waren aber in der internationalen Forschungswelt kaum bekannt. Ich werde nie die zweite Kategorie vergessen. In ‚Schrift und Form‘ eine 6; jede kleinste Ecke auf der Tafel wurde genutzt, um unleserliches hinzukritzeln, ohne Konzept/Strategie und didaktisch so schlecht, dass Studenten eher Furcht vor dem Fach bekamen. Einige dieser Professoren sind aber in der internationalen Forschungswelt in ihrem Fachgebiet fuehrend. Dann gab es noch die 3. Kategorie, die sowohl in der Forschung als auch in der Lehre mittelmaeßig waren. Es gab 1-2 Professoren, denen ich bescheinigen kann, dass sie in beiden Feldern gut waren, aber nicht herausragend. Professoren sind auch nur Menschen und haben natuerlich Staerken und Schwaechen. Deshalb sollte bei der Stellenausschreibung und -vergabe viel mehr Flexibilitaet eingebracht werden. Wenn jemand ein herausragendes didaktisches Talent hat, dann sollte er 90% seiner Zeit der Lehre zur Verfuegung stellen; das Genie in der Forschung halt 90% seiner Zeit in die Forschung investieren. Die Stellenausschreibung fuer eine bestimmte Position sollte klar definiert sein, ob mehrheitlich Lehrtaetigkeit oder Forschung gefordert wird. Ein herausragendes Talent in Didaktik kann einem Studenten auch in seinem Nicht-Fachbereich mehr vermitteln als ein zerstreutes Fachgenie zumindest bis zum Vrodiplom oder Bachelor. International fuehrende Forscher muessen Flexibilitaet haben, um ihre Ergebnisse am richtigen Ort und zur richtigen Zeit zu praesentieren und sich nicht an vorlesungsfreie Zeiten binden zu muessen. Hier in Kanada werden z.B. fuer herausragende Forscher Blockvorlesungen eingeraeumt, wo sie in 1-2 intensiven Wochen lehren. Flexibilitaet ist natuerlich Gift fuer Planungswesen und Ordnung, ist aber machbar.

  8. Anna meint:

    Zurueck zur urspruenglichen Frage: Habil oder Juniorprofessur –
    ich habe bisher den Eindruck bekommen, dass
    a) es darauf ankommt, ob die jeweilige Uni fortschrittlich ist oder nicht
    b) bei der Stellenvergabe bei gleicher Eignung im Zweifel der/die Kandidat/in mit Habil bevorzugt wird

    Kann das jemand bestaetigen?
    Welche Unis gelten in diesem Sinne als fortschrittlich?

  9. magellan meint:

    „Fortschrittlich“ hört sich in meinen Augen etwas zu wertend an. Ausserdem ist die Einstellung zur Juniorprofessur häufig weniger eine Frage der Uni, sondern der jeweiligen Fakultät bzw. des dortigen Professoriums. Eine Ausnahme ist aber IMHO die Humboldt-Universität, die sich in der Tat als Ganzes das Thema Juniorprofessur auf die Fahnen geschrieben hat & auch die JPs auch langfrist durch Tenure-Track-Möglichkeiten binden möchte.

    Wichtig ist aber — wie schon die Vorredner sagten — die jeweilige Fakultät bzw. Fachrichtung. Die Ingenieur- & Naturwissenschaften haben ja schon lange vor der JP alternative Qualifikationswege akzeptiert & dementsprechend weniger Wert auf die Habil gelegt. Die Geisteswissenschaften legen demgegenüber wohl noch immer viel Wert auf das „zweite Buch“ (& der DHV kommt mir in dieser Hinsicht bisweilen vor wie ein Philologenverband… 😉

    Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die jeweiliges Qualifikationwege der Mitglieder in der Berufungskommission, da häufig Kandidaten gesucht wird, die dem eigenen Profil ähnlich sind: Habilitierte bevorzugen demnach stärker Habilitierte, während Profs mit alternativen Qualifikationswegen weniger Wert auf die Habil legen (siehe auch Forschung&Lehre 04/06).

    Insofern lohnt sicher ein Blick in die CVs der Fakultätsmitglieder: Wenn dort alle oder die meisten habilitiert sind, wird’s ohne das zweite Buch tendenziell etwas schwieriger…

  10. magellan meint:

    @ Tom

    Im Prinzip hast Du nicht ganz unrecht. Zwar gibt’s sicher auch Synergieeffekte zwischen Forschung & Lehre (insb. im Master), aber häufiger werden die Fähigkeiten ungleich verteilt sein, so dass die wenigsten in Forschung & Lehre & Selbstverwaltung brillieren werden.

    Allerdings ist es nach meinem Eindruck so, dass in angelsächsischen Ländern die Lehre an sich deutlich stärker wertgeschätzt wird. Wenn man Forschung & Lehre als unterschiedliche Tätigkeiten begreift, die an sich aber eine ähnliche Wichtigkeit für die Unis haben, dann könnte man stärker als bisher spezialisieren.

    Das sind aber viele, viele Konjunktive. In Deutschland ist es häufiger so, dass in der universitären Wertschätzung ein großartiger Lehrer, der aber in Forschung eine Flasche ist, auch unter dem Strich als Flasche angesehen wird. Bei einen großartigen Forscher sieht man hingegen über die schlechte Lehre häufig einfach so weg. Solange das noch so ist, wird eine Fokussierung auf die Lehre nie als sinnvolle Spezialisierung verstanden, sondern immer als Degradierung. Und deshalb können Versuche wie die Lehrprofessur m.E. kaum funktionieren.

  11. dodo meint:

    Ich gehoere zu den End-Dreissigern, die nach 6+6 Jahren aus der bundesdeutschen Hochschullandschaft fliegen. Meine letzten 6 Jahre sollten nach einer C1 in eine JunProf gewandelt werden. Wurde dann aber doch nicht. Stattdessen gab’s eine HabilO-Reform. Mein Bestreben auf Einleitung eines Habliverfahrens wurde verschleppt und letztendlich aus „fachbereichsinternen/politischen Gruenden“ abgesaegt. Natuerlich kann man Professor werden, ohne habilitiert zu werden. Man kann auch seinen Dr.habil. auf das Tuerschild pinseln, ohne Prof zu werden. Man kann gute Lehre machen, die nicht anerkannt wird und man kann wenig (gutes) veroeffentlichen oder viel (weniger gutes).
    Die Frage ist doch, ob man „Professor“ werden will, oder ob man in Forschung und (damit meine ich UND) Lehre taetig sein will. Das eine hat mit dem anderen nur bedingt etwas zu tun.
    Meine Erfahrung ist, dass eine hoehere Position im akademischen System vornehmlich denen vorbehalten ist, die auf Karriere aus sind. Und dies wiederum hat nur bedingt etwas mit der Guete von Forschung und Lehre zu tun.

    Ich schreibe diesen Kommentar uebrigens aus dem Ausland. Ich habe mich auf eine Stelle beworben. Klingt interessant. Leider nur fuer ein Jahr. Aber ich bin sicher, ich koennte hier gute Forschung und Lehre machen.

    Die Bezahlung ist lausig, und Professor duerfte ich mich auch nicht nennen.

    Aber lieber mache ich das, was ich gut kann und machen will fuer wenig Geld, als Professor zu sein ohne meinem Anspruch an eine Professur erfuellen zu koennen oder als Dr. habil. von Hartz-IV zu leben.

  12. das x meint:

    als (immer noch nicht) promovierte mit einer whk-stelle (= 760,./Monat) durfte ich im letzten smester 4 sws lehre hinlegen, meinem nebenjob nachgehen und promovieren + noch einige verwaltungsarbeit erledigen. die promovierte wiss-ma stelle hatte dieselbe lehrverpflichtung und verwaltungsarbeit zu erledigen und stoehnte und durchaus auch zurecht. neben verwaltung, lehre (damit meine ich gute lehre, die sich meiner meinung nach in den geisteswissenschaften vor allem durch veranstaltungen auszeichnet, die nicht alle differenzlos zu studentischen oder lehrpersonellen vorlesungen verkommen) und der betreuung der sich in den veranstaltungen befindenden studierenden eine innovative qualifikationsarbeit anzufertigen, ist und bleibt harte arbeit. während grundschullehrerInnen im übrigen ein sehr begrenztes, rekursives stoffeld haben (und tatsächliche ferien), sieht das zumindest in den geisteswissenschaft anders aus, wenn dort aus guten grund forschung und lehre verbunden bleiben sollen (und selbst rekursive pflichtveranstaltungen müssen erst einmal erarbeitet werden und angesichts der grassierenden neuen ba-studienfächer kommt man vermehrt in die lage, dazu nicht auf eigene studieninhalte zurückgreifen zu können). auch juniorprofessuren haben so (selbst mit 4 sws + wo gibt es denn die, ich kenne nur stellen mit höherer lehrverpflichtung) ein hartes brot – zumal sie mit diesen aufgaben und führungsverantwortung ins kalte wasser geworfen werden. richtig problematisch sind vor allem die unsicheren anstellungsverhältnisse angesichts des risikos der schon mehrfach beschriebenen, steten arbeitslosigkeitsdrohung. die sind ausserdem bei der langen und für die jeweiligen menschen kostenintensiven ausbildungs- und qualifikationszeiten und angesichts der hohen qualifikation eine unverschämtheit (ein anghöriger eines bildesministeriums teilte mir kürzlich während der ausübung meines nebenjobs mit, er würde für 20,- keinen finger krumm machen, ich lege dafür brutto 2,2-1,67 stunden hin). leider werden weder eine trennung von forschung und lehre noch eine höhere bewertung der lehrbefähigung (deren standards ausserdem höchst unterschiedlich sind: retrospektiv habe ich gerade bei spezialistInnen mit wirrem tafelbild mehr gelernt, als von den organisierten tafelbildern, die irgendwie immer deshalb organisiert sind, weil sie absehbar sind) an der schwierigen lage des wissenschaftlichen nachwuchses etwas ändern. allerdings würde eine geringere lehrbelastung mit paralleler entspannung des publikationsdrucks (lieber klasse statt masse) und eine mindeste, angemessene soziale sicherheit von nöten. auch könnte eine umorientierung der evaluierung hin zu einer wirklich problemlösungsorientierten, kombinierten evaluation von studiengang, forschung, und nachwuchförderung helfen, wenn hier auch die qualität der lehre, teamorientiertes arbeiten, personalführung, institutionelle aufgabenverteilung in der verwaltung in den blick genommen würdem, statt mittel via seitenzählen zu bewilligen.

  13. Drag meint:

    Die Habilitation ist im internationalen Wettbewerb ein Witz und Hindernis. Sie enstand aus der schlechten Qualität deutscher Promotionen und Promotionsstudien. Da immer mehr ForscherInnen in Garduiertenkollegs und im Ausland eine breite Forschungsausbildung erhalten, bringt die Habilitation überhaupt nichts.
    Die Juniorprofessur ist sinnvoll, wenn sie eine „tenure-track“-Stelle ist, d.h. der erfolgreiche Durchlauf einer vorhersehbaren, transparenten Evaluation nach 3-5 Jahren sollte zur Entfristung führen. Das ist bei sehr wenigen Juniorprofessuren bisher der Fall. Deswegen versuchen JuniorprofessorInnen so schnell wie es geht eine W2-Professur zu bekommen.

  14. magellan meint:

    Nochmal zur Ausgangsfrage: Schon das Eingangsstatement macht einen Fehler, der mir schon häufiger in Diskussionen aufgefallen ist. Verglichen wird dort nämlich z.T. in ideale Juniorprofessur mit einer Habil, die „im schlechtesten Fall eine mehrjährige Arbeit im stillen Kämmerlein“ sei. Klar, eine optimale Juniorprofessur ist besser eine schlechte Habilstelle. Eine optimale Habilstelle — mit einem forschungsstarken & noch auch -aktiven Habilvater, der dem Habilitanden zugleich aber auch Freiraum lässt — ist aber in jedem Falle auch besser als eine schlechte Juniorprofessor. Insofern sollte man nie Worst-Case-Szenarien mit Ideallösungen vergleichen.

    Überdies: Es kommt auch auf die jeweilige Fakultät an. Ich könnte mir vorstellen, dass es kein Spass ist, an einer klassischen Ordinarienuniversität, an der schon die „Außerordentlichen“ wie Parias behandelt werden, als JP allein auf weiter Flur um Ressourcen etc. zu konkurrieren — da lebt es sich hinter dem breiten Kreuz eines Ordinarius sicher leichter.

    An eher kleinen Fachbereichen mit weniger Standesdünkel kann man aber in der Tat die Entfaltungsmöglichkeiten haben, die mit der JP im Prinzip verbunden sein sollten.

  15. Jack meint:

    Die Habil. ist eine amtliche Bestätigung, ein akademischer Abschluss mit Urkunde. Es wird bescheinigt, dass man zum Professor taugt.
    Am Ende einer Emmy-Noether-Phase oder Jun-Prof.-Zeit hat man das in der Form nicht. Der Jun-Prof. bekommt sicher einen Brief, in dem die positive Evaluation bescheinigt wird. Wie auch immer, die Forschungsleistungen müssen in einem gewissen Mindestumfang vorhanden sein, damit sich die Berufungskommissionen interessieren. Jeder möchte sich die Arbeit leicht machen. Die Berufungskommissionen sind da keine Ausnahme. Lange Publikationslisten, Drittmittelsummen, Preise, Auslandsaufenthalte und eben auch die Habil. ermöglichen eine schnelle überblicksartige Beurteilung von Kandidaten, ohne dass man genauer hinsehen muss. (Außerdem ist zur Beurteilung der genannten Parameter kein spezialisierter Sachverstand vonnöten, der in den Kommissionen im Allgemeinen ohnehin Mangelware sein dürfte.) Wenn einem dann noch Habil.- oder Doktorvater eines Kandidaten persönlich bekannt sind und man letzteren schon auf einer Tagung erlebt hat,….

    Fazit: Die Habil. wird immer noch als eine Art Führerschein für die Uni-Karriere angesehen.

  16. magellan meint:

    Die Metapher mit dem Führerschein ist IMHO schief. Ein Führerschein ist eine allgemein gültige Erlaubnis zum Auto fahren. Demgegenüber sind Habil & Venia Legendi im Grunde nur im ausstellenden Fachbereich gültig — & im Hinblick auf eine Professur noch nicht einmal dort, da Hausberufungen von Habilitierten m.E. noch immer unüblich sind (Juniorprofessuren können hingegen verstetigt werden, sofern die Kandidaten nicht auch schon an derselben Uni promoviert haben).

    Insofern ist eine Habil im Grunde schon kurios, denn man betreibt eine Qualitäts_aus_gangskontrolle, obwohl man a) als Habilitierter eh die Uni verlassen muss, um Prof zu werden & b) die einstellende Uni in jedem Falle eine Qualitäts_ein_gangskontrolle in Form eines Berufungsverfahrens betreibt.

    & welche Kriterien bei einem solchen Berufungsverfahren angelegt werden, ist eben von Fach zu Fach wie auch von Fakultät zu Fakultät durchaus verschieden.

    So oder so ist die Wahrscheinlichkeit, das eine Habil gelesen wird, noch viel geringer als bei Zeitschriftenveröffentlichungen. Umgekehrt sind die Chancen, dass ein wohlmeinender Habilelternteil den oder die Kandidatin im eigenen Fachbereich zur Venia Legendi paukt wohl eher größer als das bei doppeltblindbegutachteten Zeitschriftenbeiträgen, Drittmittelprojekten oder Preisen gemauschelt wird (obwohl auch bei diesen Kriterien sicher der Stallgeruch eine Rolle spielt & natürlich auch gemauschelt wird).

    Im Endergebnis führt dies dazu, dass eine Habil durchaus noch in manchen Fächern & Fachbereichen ein mehr oder weniger _notwendiges_ Kriterium darstellt; _hinreichend_ dürfte sie jedoch in den wenigsten Fällen sein: Bei der Listenplazierung spielen dann nämlich doch die o.g. Kriterien wie Zeitschriftenveröffentlichen etc. die ausschlaggebende Rolle.

  17. Jack meint:

    Die Habilitation gibt es „de facto“ eigentlich in vielen Ländern. Freilich sind die förmliche Institution und der Abschluss nur noch in wenigen europäische Ländern zu finden. Auch die damit verbundenen Möglichkeiten der akademischen Knechtschaft sind an die Institution Habil. gebunden. Das hat sich m. E. erst im 20. Jahrhundert so schief entwickelt.
    Die wissenschaftlichen Leistungen, die für eine Habil. erforderlich sind, einschließlich der Habilitationsschrift, müssen in der einen oder anderen Form in vielen Ländern erbracht werden, um „Tenure“ zu erhalten. Das Tenure-Verfahren an amerikanischen Universitäten ist ganz gut mit einem Habilitationsverfahren zu vergleichen, was die Anforderungen und die Durchführung betrifft. Nur das mögliche Endergebnis ist halt sehr verschieden. Die Tenure-Quoten sind übrigens nicht sehr berauschend. Sie reichen von 80% an staatlichen Provinzunis bis zu 10% an Elite-Unis.

    Demzufolge ist das Zusammenschreiben einer Habilschrift eigentlich keine Zusatzbelastung. In den Geisteswissenschaften ist das „zweite Buch“ ohnehin erforderlich für die Unikarriere, in den Naturwissenschaften kann oftmals schon kumulativ habilitiert werden. Die dort enthaltenen Paper sind ebenfalls ohnehin erforderlich für die Karriere.

  18. Christoph Meyer meint:

    In der Tat ist Habil nicht gleich Habil. Wer sich mit seinen akkumulierten Publikationen habilitieren kann, muss sich „nur“ noch mit dem Management des Habilitationsverfahrens herumschlagen. Leider ist die Habil in viele Fächern/Instituten keine Artikelsammelung oder einfach nur „das zweite Buch“, sondern ein sehr spezielles, theoretisch überfrachtetes und überlanges „opus magnum“, dass an den meisten relevanten Wissenschaftsöffentlichkeiten vorbeikommuniziert. Zudem kann das Habilverfahren selbst anachronistisch sein der de-facto Bedeutung des „Habilvaters“, der geringen Bedeutung der Prüfung der Lehrbefähigung im Vergleich zur Forschungsleistung, und fehlenden Verbindung zwischen Habil und Dauerstelle. Aus dem letzteren Grund sind auch Habilitationen nicht funktionsäquivalent zum „tenure-review“ oder der englischen dreijährigen Probezeit. Wer beides übersteht, weiss dass „Wissenschaft als Beruf“ funktioniert, während eine Habil relativ wenig über die Befähigung zum Hochschullehrer aussagt und noch weniger darüber ob, man auch tatsächlich eine Stelle bekommt. Wer sich überlegt zu Habilitieren sollte deshalb überlegen wie die Erwartungen im jeweiligen Fach/Institut sind und ob es nicht auch kumuliert und zielgruppenadequat geht. Wer bereits eine Juniorprofessur oder ein Emmy-Noether-Stipendium hat kann es sich bei guter Forschungsleistung eher leisten auf die Habil zu verzichten, als jemand der Assistent oder WM ist. Wer sich gut vorstellen kann ins Ausland zu gehen, sollte seine Zeit auch lieber in einschlägige Publikationen investieren. Ist man dort erst einmal auf einer Dauerstelle wie etwa Senior Lecturer/Reader oder Associate Professor muss man sich über die Formalqualifikation Habil keine großartigen Gedanken mehr machen.

  19. Ettore meint:

    @START, alalalixe, drag etc:

    Dass es die Habil nur noch in D gebe, ist
    schlicht *falsch*. Praktisch identisch auch in A, CH, weiter in F (Dr. d‘ Etat) RU (Dr., unser Doktor ist dort „Kandidat“).

    Richtig ist, dass es in UK/USA keine Habil gibt. Wer wie Bulmahn und CHE „Ausland“ / „international“ mit UK/USA gleichsetzt, hätte soweit also recht.

    Inhaltlich: Der „alte“ Weg war Diplom/Assistenz/Dr./habil, der „neue“ soll ja nun BSc/MSc/Grad.-Kolleg/Dr./J-Prof sein.

    Dass BSc weniger als Diplom ist, ersieht man aus jeder beliebigen Prüfungsordnung. Dass B+M eher länger dauert, als ein Diplom, ist inzwischen absehbar. Ob ein/e nicht übernommener J-Prof so viel besser dasteht, als ein/e Dr. habil, wage ich zu bezweifeln. Ob die institutsinternen Abhängigkeiten eines/r
    J-Prof niedriger sind, als die zwischen Habil und Habil-Vater (seltenst: -Mutter) (den/die es so gar nicht gibt),…, ebenfalls.

    Was aber ärgerlich ist: Bei der Einstellung vieler J-Profs wird quasi unbesehen eine Dauerstelle zugesagt (das System muss ja in Gang kommen), an Hand der Diss und 1-3 daraus abgeleiteter Veröffentlichungen (mehr ist und kann zu diesem Zeitpunkt ja gar nicht vorhanden sein) und nichts sonst. Diese Bevorzugung der J-Profs gegenüber dem Habil-Weg ist letztlich ungerechtfertigt / GG-widrig / elitefeindlich.

  20. magellan meint:

    Zu BSc/MSc: Die Regelstudienzeit ist in der Tat insgesamt länger als beim alten Diplom, aber je nach Studienfach die reale Studiendauer gar nicht mal so sehr. So oder sehr ist das Ziel der Politik natürlich, dass nur ein Teil der Bachelorabsolventen auch tatsächlich den Master macht. Dadurch könnte die durchschnittliche Studiendauer dann schließlich doch sinken.

    Zu Abhängigkeiten: Natürlich schwebt auch der JunProf nicht im luftleeren Raum, sondern muss sich innerhalb der Fakultät um Ressourcen bemühen. Allerdings kann man dabei mit wechselnden Koalitionen arbeiten. Für Habilitanden ist es demgegenüber nahezu unmöglich, den Habilvater zu wechseln oder gar gegen den Willen des ehemaligen Habilvaters doch noch im selben Fachbereich zu habilitieren. Insofern ist die Abhängigkeit eines Habilitanden a priori fraglos größer, selbst wenn sie nicht ausgenutzt wird.

    Last not least: Die Aussage, dass mit der Einstellung als JunProf „quasi unbesehen eine Dauerstelle zugesagt“ werden würde, ist schlicht Unfug. Erstens wird jeder JunProf nach 3 Jahren einer Zwischenevaluation unterzogen, in der entschieden wird, ob die Juniorprofessur um 3 Jahre verlängert wird. Selbst wenn die Evaluation wohl selten negativ ausfällt , so ist die Unsicherheit de facto größer als bei einem Habilitanden mit 6jähriger Stelle. Zweitens — & das ist das eigentlich Entscheidende –: Nur ein kleiner Teil der Juniorprofessuren ist mit einer Dauerstelle hinterlegt, kann also entfristet werden. In der 2. CHE-Befragung zur Juniorprofessur (Mai 2007) gaben von den 367 JPs, die an der Befragung teilgenommen haben, nur 8 % an, über einen echten Tenure Track zu verfügen, d.h. die Übernahme in eine unbefristete Professur. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Juniorprofessuren überwiegend ganz einfach umgewandelte C1-Stellen sind & dementsprechend befristet — von Dauerstellen ist da weit & breit nicht zu sehen…

  21. Psych meint:

    Nur mal so als Ergänzung zum Kommentar von Alalalixe : „Man sollte sich nicht am Arbeitspensum eines Grundschullehrers messen“. Ich selbst bin promoviert, kein Grundschullehrer, behandle solche allerdings häufig wg. BurnOut. Das Arbeitspensum der Grundschullehrer, die ich kenne, liegt meist so bei ca. 60h/Woche… ich kenne auch welche, die arbeiten 80h/Woche…

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